Mittwoch, 30. Oktober 2013

Zurück ans andere Ende der Welt - Was für ein riesen Spaß


Es ist  Mittwoch der 16. Oktober 2013 als ich mich gegen 11 Uhr dann doch dazu entscheide mit dem Packen meines Rucksacks zu beginnen. Das inzwischen zur Routine gewordene Zusammenfalten und Stopfen der Shirts und Shorts beansprucht von Mal zu Mal weniger Zeit und so bin ich keine zwanzig Minuten später zur Abfuhr bereit. Von Ketsch geht es nach Frankfurt, noch ein letztes Mal auf der Autobahn rasen, bevor es wieder gilt Schlaglöchern auf den Dreckstraßen Australiens aus zu weichen.


Flughafen Frankfurt - Auf zum ersten Schritt

Gegen 3 steige ich in den Flieger, nach dem ich, überraschender Weise ohne Übergepäck zahlen zu müssen, eingecheckt habe. 6,5 Stunden später und die Boeing 770 landet in Dubai. Inzwischen ist es kurz vor Mitternacht als ich das Flugzeug verlasse und die erneuten Sicherheitskontrollen passiert habe. Erst 9.35 geht die Reise weiter Richtung Südosten. Kurz an der Information ein paar Tipps eingeholt und der Plan steht fest: Rumsitzen? Nein Danke! Ich werde für eine Nacht die City Dubais unsicher machen und wenige Stunden später voller Eindrücke wieder zum Flughafen zurück kehren. Schnell noch ein wenig Geld getauscht, ein paar überdimensionale Stempel in meinen Reisepass abgeholt, mein Handgepäck abgegeben und schon sitze in einem der unzähligen Taxis in Richtung Innenstadt.



Zehn Stunden Dubai

Die Frage des Fahrers nach meinem Ziel, fällt mir etwas schwer zu beantworten. Ich erkläre ihm dass ich nur wenige Stunden Zeit habe und nur einen kurzen Eindruck bekommen möchte. Er nickt und fährt los. Schnell sind wir eingeschlossen in Mitten von einer Unmenge an gläsernen Hochhäusern. "Alles neu, alles vom Feinsten", erklärt mir der nette junge Mann und fährt fort, "siehst du da vorn die Brücke?", keine 100 Meter vor uns eine riesige Autobrücke, "Vor zehn oder fünfzehn Jahren begann dort die Wüste!" Ich will es gar nicht glauben: Vor mir erheben sich majestätisch dutzende von Wolkenkratzern und vor gar nicht all zu langer Zeit zog dort ein Kamel mit einem Araber auf dem Rücken über die Düne? Das ist beeindruckend! Nach 15 Minuten ist die Fahrt beendet, von hier aus würde ich mich zurecht finden.

Während der Fahrt überragte ein Gebäude die ganze Stadt: Der höchste Turm der Welt, Burj Khalifa. Leider ist er bei Nacht nicht zur Besichtigung geöffnet, erklären mir ein paar Passanten, aber das ist mir eigentlich egal. Mit einem dicken Grinsen im Gesicht stehe ich nun 500 Meter von diesem Giganten entfernt und verrenke meinen Kopf um die Spitze zu sehen. Was für ein riesen Ding!



Mit meinen Blicken wieder auf dem Boden angekommen bemerke ich ein rund um zufrieden scheinendes Volk. Jeder lacht, unterhält sich oder genießt den Blick über den See, viele zücken ihre Smartphones und versuchen diesen Giganten auf ein Foto zu quetschen. Die meisten scheitern, er ist einfach zu hoch. Ich schieße selbst einige Schnappschüsse und schlendere über den Platz Mal sehen was da vorn so ist? Und wie sieht es um die Ecke herum aus. Doch irgendwie fesseln mich diese Leute. Bemerkenswert freundlich, kaum schaut man nur ansatzweise in die Richtung eines Mannes, schenkt er dir ein dickes Lachen und nickt dir freundlich zu. Die Augen der oft verschleierten Frauen, strahlen unbeschreiblich und die Kinder rennen kreuz und quer.



Dieser Ort scheint diese Freude in die Besucher zu impfen. Ist es das wohl kaum besser zu demonstrierende Gefühl der Stärke der Menschen über die Natur? Oder liegt es den Bewohnern dieser Gegend einfach so im Blut? Für mich leider in dieser kurzen Zeit nur schwer heraus zu finden, aber ich bin sicher eines Tages kehre ich hier hin zurück. Die Zeit vergeht im Flug. Einmal einen Kaffee getrunken, kurz im größten Shoppingcenter der Welt gestöbert, durch einen Unterwassertunnel spaziert und schon ist die Nacht vorbei.




























 Auf geht es mit dem Taxi Richtung Flughafen, abermals durch die Passkontrolle, wieder zwei überdimensionale Stempel abholen, und schon bin ich schneller als gedacht im Terminal.

Verwirrung

Eine Stimme ertönt und weckt mich aus dem tiefen Schlaf. Zwei Stewardess wecken mich auf, fragend, ob ich nach Melbourne fliegen möchte. Noch im Halbschlaf renne ich zum Flugzeug. Als letzter betrete ich den Riesenvogel und schlafe, gerade auf meinem Sitz angekommen, direkt wieder ein. Nach drei Stunden wache ich auf, der Bildschirm vor mir zeigt: Noch 2 Stunden und 37 Minuten bis zur Landung in Singapur. Was Singapur? Sitze ich im falschen Flug? Unmöglich! Verdutzt frage ich meinen Sitznachbarn, er erklärt mir, mit einem leichten Lachen auf den Lippen, dass wir dort planmäßig zwischenlanden und dann weiter nach Melbourne fliegen. Mein Herzschlag beruhigt sich und ein schlechter Film lässt mich kurze Zeit später erneut einschlafen.

Genau wie erklärt kam es auch und so komme ich nach scheinbar unendlich langen Stunden gegen 9 Uhr in Melbourne an. Unerklärlicherweise gibt es dort keinen direkten Zuganschluss, was für mich bedeutet mit einen Bus in die City zu fahren um dort eine weitere Stunde zu warten, inzwischen ist mir auch das egal, darauf folgend geht es endlich auf in den Zug nach Ararat, der finale Schritt beginnt. Weitere zwei Stunden Schlaf, mit ein wenig mehr Beinfreiheit, später und endlich komme ich in Ararat an. Jack (3) empfängt mich mit strahlenden Augen und seine Oma fährt erst mit mir die anderen Kinder von der Schule abholen und im Anschluss nach Gorrinn.

Auf an die Arbeit


 Alles hier ist mir sehr vertraut, nahezu jeden Baum kenne ich, jedes Schlagloch in der Zufahrt habe ich schon x-mal umkurvt und doch scheint alles ein wenig anders zu sein: Frischer, leuchtender am Ende einfach nur grüner zeigt sich die ganze Farm im Frühling Australiens. Viel Zeit zum Staunen bleibt mir nicht. Es ist viel los bei den Richardsons: Lammmarking steht auf dem Tagesprogramm und da ich mich erstaunlicher Weise recht fit fühle helfe ich die letzten verbleibenden Stunden aus. Wir alle Nutzen die Zeit um die neusten Neuigkeiten aus zu tauschen und so vergeht die anstrengende Arbeit rasend schnell. Mein Teil besteht darin die Lämmer hoch zu heben und in die Vorrichtung auf den Rücken liegend ein zu spannen. Im Anschluss werden ihnen aus hygienischen Gründen die Schwänze  abgeschnitten und die Jungtieren erhalten die ein oder andere Impfungen zur Vorbeugung der zahlreichen Krankheiten. Viele Farmer sagen: "Schafe sterben gern." Gemeint ist, das es unzählige Krankheiten und Umstände gibt den Tod eines Schafes zur Folge haben. Mit dieser zugegebener Maßen nicht sehr ansehnlichen Prozessur (Mulesing) versuchen wir das Leben bestmöglich zu verlängern.

Lange nicht gesehen


Kurz darauf sitzen wir bei ein paar Bier und feinstem Steak beim Abendbrot und die Kinder löchern mich mit Unmengen an Fragen über Deutschland und was ich wann, wie und wo so erlebt habe.

Wie ich erfahre stehen große Aufgaben für die nächste Woche an. Richo wird 40 und es wird eine Party mit über 100 Leuten geben, es soll es legendäres Fest werden. Doch zuvor heißt es noch einige Punkte auf Jills Wunschliste ab zu arbeiten. Ihr Vater Keith ist extra ein paar Tage eher angereist um bei den Vorbereitungen zu helfen. So zementieren wir ein neues Gartentor, bessern die Schlaglöcher auf der Zufahrt aus, erneuern die den Garten eingrenzende Steinmauer, schrubben und putzen im und um das Haus herum, befreien eine Wiese von tief eingegrabenen Felsen um sie anschließend zu mähen und als Parkplatz zu verwenden, hängen Lichter auf, Räumen Gartenmöbel herum, bringen Kühlräume herbei, die Jill nach wenigen Stunden mit massenweise Essen gefüllt hat, karren Unmengen an Bier und anderen Getränken heran und und und. Kurz: Fast eine ganze Woche bereiten wir diese riesen Fete vor.
Nach und nach treffen die ersten Gäste aus ganz Australien verteilt ein, unter anderem auch Jills Schwester Annie mit ihrer ganzen Familie. Ja richtig Annie, Drew, Isabelle, Wally und Harry Hacon. Vor ungefähr einem Jahr begann ich dort nix wissend meine ersten Versuche als Cowboy. Die Freude über das Wiedersehen ist riesig und wir werden ein paar tolle gemeinsame Tagen haben. Schon am ersten Abend sitzen wir bis halb zwei und alle erzählen die besten Geschichten der letzten Jahre. Jill und Annie haben sich auf Grund der langen Entfernung seit Jahren nicht gesehen und so ist ein Aufeinandertreffen um so schöner.

Partytime

Alle helfen bei den Vorbereitungen mit und so ist schon Samstagvormittag alles fertig. Die Geburtstagsfeier im Motto der Filme der 70er Jahre beginnt. Naja fast: 5 Minuten vor halb acht, dem offiziellem Beginn schaffe ich es beim Versuch einen Stahlpfahl in den Boden zu rammen mir den Kopf blutig zu schlagen. Die rote Suppe tropft von meiner Stirn herunter, doch eine halbe Stunde später stellt sich heraus das nix genäht werden muss und nun auch ich ein Teil des großen Spaßes werde. Zu meinem Erstaunen kenne ich unzählige Leute, für viele habe ich mal gearbeitet, mit andere Football gespielt und über den ein oder anderen habe ich schon manch Geschichte gehört und habe nun endlich die Möglichkeit ihn persönlich kennen zu lernen. Meine Aufgabe ist es außerdem die ausgefallenen Kostüme auf Bildern fest zu halten.

 












Die zeit vergeht rasend, mal ein kurzes Gespräch da mal ein schnelles Foto hier, immer weiter ziehend auf der Suche nach ein wenig Licht in der Dunkelheit für ein weiteres Foto. Die Verkleidungen erschweren es mir zum Teil alle wieder zu erkennen doch auch diese Probleme sind nach und nach verschwunden. Denn wen man nicht kennt, der wird einem vorgestellt und nicht selten kommt dann die Erleuchtung und ich erinnere mich die meisten doch irgendwo schon mal getroffen zu haben. Der absolute Höhepunkt der Party ist, als Richo zu seiner Überraschung ein von ihm seit Jahren gewünschtes Auto geschenkt bekommt. Bis früh um sechs feiern die letzten inzwischen stark erheiterten. Was für eine Nacht was für ein Spaß.

Am nächsten Morgen wachen überall über Kopfschmerzen klagende Leute auf. Ich selbst habe  wohl vor dem warmen Feuer geschlafen, bis in das Zelt hinter dem Haus, in das ich übergangsweise eingezogen bin, habe ich es dann wohl doch nicht mehr geschafft. Und weil es doch so schön war und gegen Kopfschmerzen auch nicht viel anderes hilft sitzen wir wieder bei Steak und Bier auf den Sofas im Garten, den ganzen Sonntag über kommen und gehen Freunde und Besucher nur ein kleiner Kern bleibt den ganzen Tag. Ich spiele Fußball mit den Kindern, beginne "verwunderlicher Weise" unglaublich schnell zu schwitzen und beschließe deshalb recht zügig wieder zum Bier und Steak zurück zu kehren.

Inzwischen ist es Montag morgen, die Gesichter sehen noch schlimmer aus als Gestern zu selben Zeit, der Kaffeekonsum ist noch höher und zusammen stellen wir fest, das wir es wohl auch am Sonntag etwas zu stark angegangen sind. Keiner fühlt sich so wirklich nach weiteren Bier, trotz der Unmengen die noch übrig sind. Außerdem ist es Claudias 8. Geburtstag, doch diese Feier wird deutlich kleiner ausfallen als die ihres Vaters. Wir beginnen mit dem Aufräumen, sammeln den Müll ein, räumen Sofas, Tische und Stühle um und entscheiden einige Stunden später dann doch aufgrund des allgemeinen Unwohlseins den Rest auf den nächsten Tag zu verschieben.
Am Abend gehen die Hacons, die Richardsons, Jill und Annies Vater und ich Essen, um Claudias Geburtstag wenigstens ein wenig zu feiern. Ausnahmsweise ist es diesmal kein Problem einen Fahrer zu finden der nur wenig Alkohol trinkt, wir alle hatten wohl genug davon in den letzten Tagen.

Am Dienstag Morgen sieht das Gesamtbild nur geringfügig besser aus. Noch immer von Kopfschmerzen geplagt gehen wir es recht ruhig an und verschieben die letzten Aufgaben zum beseitigen der Partyrückstände gekonnt auf Morgen. Dann aber wirklich!
Als Annie und Drew als letzte an diesem Morgen das Haus verlassen stellen wir alle fest, das es ein unglaubliches Wochenende war und sich der Aufwand auf jeden Fall gelohnt hat.

Für mich selbst waren meine ersten 10 Tage wie eine perfekte Zusammenfassung meines letzten Jahres, voller Vorfreude geht es nun in die nächsten 10 Monate.


Viele Grüße nach Deutschland.