Wie so oft während
meiner Reise fing alles mit einem Zufall an. Eines morgens bekam ich einen
Anruf mit der Anfrage beim Scheren der Schafe auszuhelfen. Ein benachbarter Farmer
hat ein komplettes Team, doch krankheitsbedingt ist jemand ausgefallen. Ich
habe nicht lange gezögert und dem ganzen als Experiment zugesagt, ohne wirklich
eine Ahnung zu haben was mich erwarten wird. Am nächsten Morgen stand ich nun
dort in dem sogenannten „Woolshed“ – ein Haus in dem die Schafe geschoren
werden. Im großen und ganzen sah ich folgendes: Drei Männer scheren Schafe und
zwei Frauen stehen an einem Tisch und sortieren die geschorene Wolle aus. Das
heißt die zu kurzen oder stark verschmutzen Teile werden aussortiert und der Großteil
je nach Qualität in eine der Wollpressen abgelegt und später gepresst. Nach
einer kurzen Einweisung stellte ich fest, dass ich sozusagen das Bindeglied
zwischen dem „Shearer“, welcher die Wolle abrasiert, und dem „Woolclaser“,
welche die Wolle aussortiert, bin. Das heißt sobald das Schaaf geschoren ist
sammle ich die Wolle auf und trage sie zu dem Tisch, in der Zwischenzeit greife
ich zum Besen und versuche den Arbeitsplatz der „Shearer“ so sauber wie möglich
zu halten in dem ich kleine Wollstücke wegkehre. Soweit das Grobe nun die
Feinarbeit. Recht schnellt erkenne ich warum man immer wieder hört, dass es
eine Kunst ist das Schaaf zu Scheren und die Wolle auf den Tisch zu bringen.
Der „Shearer“ wird in jedem Fall die Wolle in einem großem Stück, dem
sogenannten „Fleece“, scheren und ein guter Rouseabout, wird die Wolle ich
einem Stück auf den Tisch bringen. Das heißt man faltet das Fleece mit zwei,
drei gekonnten Handgriffen zusammen, hebt es an und wirft es dann im hohen
Bogen auf den Tisch, sodass das „Fleece“ ausgebreitet auf dem Tisch liegt und
dort weiterverarbeitet werden kann. Im Idealfall sieht das dann so aus:
Die ersten Versuche
waren recht hart: Total verknotet, das Hinterbein über dem Nacken, ein wüster
Haufen Wolle ohne jegliches System, ja all diese Formationen nahm das geworfene
„Fleece“ an, nur flach und ordentlich daliegen wollte es nicht. Doch nach
einigen Stunden nahm das ganze immer mehr Gestallt an und inzwischen ist es
eigentlich kein Problem mehr.
Nach etwas
mehr als einer Woche waren alle Schafe auf der Farm geschoren und die Arbeit
somit beendet, doch glücklicher Weise bot sich mir die Möglichkeit weitere drei
Wochen auf einer anderen Farm zu arbeiten. Nahe Skipton, eine Kleinstadt eine
knappe Autostunde entfernt von Ararat und dort wohne ich nun während diesen
drei Wochen und arbeite erneut als Rouseabout. Doch hier geht das ganze alles
etwas schneller zur Sache. Bis zu 600 Schafe scheren drei Männer jeden Tag und
das heißt ich falten, trage und werfe bis zu 600 Fleece jeden Tag. Da kommt man
schon mal ins Schwitzen und gerannt wird sowieso, denn natürlich sind alle drei
Shearer zu gleichen Zeitpunkt mit ihrem Schaf fertig, und binnen fünf Sekunden
muss die Wolle vom Arbeitsplatz wegtransportiert und alle losen Stücke
weggekehrt sein.
Es ist eine
körperlich harte Arbeit für alle beteiligten, zum einem Natürlich die „Shearer“
aber auch für das ganze Team darum und so erklären sich auch die recht
ungewöhnlichen Arbeitszeiten unterteilt in sogenannte „Runs“:
1. Run: 7.30 – 9.30
Smoko (Pause):
9.30 – 10.30
2. Run: 10.00 – 12.00
Lunch
(Mittag): 12.00 – 13.00
3. Run: 13.00 – 15.00
Smoko (Pause):
15.00 – 15.30
4. Run: 15.30
– 17.30
Zu jeder Pause
gibt es eine kleine Stärkung und zum Mittag ist es nicht ungewöhnlich das man
den ein oder anderen in einem der vielen Wollhaufen beim Mittagsschlaf sieht.
Das ganze wird dementsprechend gut bezahlt. Ich habe nun noch zwei Wochen vor
mir und im Anschluss geht es direkt nach Kununurra (Nord-West-Australien) auf
eine riesige Rinderfarm.
Einen etwas besseren Eindruck vom ganzen Sheering: https://www.youtube.com/watch?v=6a0BVPYqn8k