Montag, 3. Juni 2013

Rouseabout


Wie so oft während meiner Reise fing alles mit einem Zufall an. Eines morgens bekam ich einen Anruf mit der Anfrage beim Scheren der Schafe auszuhelfen. Ein benachbarter Farmer hat ein komplettes Team, doch krankheitsbedingt ist jemand ausgefallen. Ich habe nicht lange gezögert und dem ganzen als Experiment zugesagt, ohne wirklich eine Ahnung zu haben was mich erwarten wird. Am nächsten Morgen stand ich nun dort in dem sogenannten „Woolshed“ – ein Haus in dem die Schafe geschoren werden. Im großen und ganzen sah ich folgendes: Drei Männer scheren Schafe und zwei Frauen stehen an einem Tisch und sortieren die geschorene Wolle aus. Das heißt die zu kurzen oder stark verschmutzen Teile werden aussortiert und der Großteil je nach Qualität in eine der Wollpressen abgelegt und später gepresst. Nach einer kurzen Einweisung stellte ich fest, dass ich sozusagen das Bindeglied zwischen dem „Shearer“, welcher die Wolle abrasiert, und dem „Woolclaser“, welche die Wolle aussortiert, bin. Das heißt sobald das Schaaf geschoren ist sammle ich die Wolle auf und trage sie zu dem Tisch, in der Zwischenzeit greife ich zum Besen und versuche den Arbeitsplatz der „Shearer“ so sauber wie möglich zu halten in dem ich kleine Wollstücke wegkehre. Soweit das Grobe nun die Feinarbeit. Recht schnellt erkenne ich warum man immer wieder hört, dass es eine Kunst ist das Schaaf zu Scheren und die Wolle auf den Tisch zu bringen. Der „Shearer“ wird in jedem Fall die Wolle in einem großem Stück, dem sogenannten „Fleece“, scheren und ein guter Rouseabout, wird die Wolle ich einem Stück auf den Tisch bringen. Das heißt man faltet das Fleece mit zwei, drei gekonnten Handgriffen zusammen, hebt es an und wirft es dann im hohen Bogen auf den Tisch, sodass das „Fleece“ ausgebreitet auf dem Tisch liegt und dort weiterverarbeitet werden kann. Im Idealfall sieht das dann so aus:






Die ersten Versuche waren recht hart: Total verknotet, das Hinterbein über dem Nacken, ein wüster Haufen Wolle ohne jegliches System, ja all diese Formationen nahm das geworfene „Fleece“ an, nur flach und ordentlich daliegen wollte es nicht. Doch nach einigen Stunden nahm das ganze immer mehr Gestallt an und inzwischen ist es eigentlich kein Problem mehr.
Nach etwas mehr als einer Woche waren alle Schafe auf der Farm geschoren und die Arbeit somit beendet, doch glücklicher Weise bot sich mir die Möglichkeit weitere drei Wochen auf einer anderen Farm zu arbeiten. Nahe Skipton, eine Kleinstadt eine knappe Autostunde entfernt von Ararat und dort wohne ich nun während diesen drei Wochen und arbeite erneut als Rouseabout. Doch hier geht das ganze alles etwas schneller zur Sache. Bis zu 600 Schafe scheren drei Männer jeden Tag und das heißt ich falten, trage und werfe bis zu 600 Fleece jeden Tag. Da kommt man schon mal ins Schwitzen und gerannt wird sowieso, denn natürlich sind alle drei Shearer zu gleichen Zeitpunkt mit ihrem Schaf fertig, und binnen fünf Sekunden muss die Wolle vom Arbeitsplatz wegtransportiert und alle losen Stücke weggekehrt sein.
Es ist eine körperlich harte Arbeit für alle beteiligten, zum einem Natürlich die „Shearer“ aber auch für das ganze Team darum und so erklären sich auch die recht ungewöhnlichen Arbeitszeiten unterteilt in sogenannte „Runs“:
1. Run:                        7.30 – 9.30
Smoko (Pause):         9.30 – 10.30
2. Run:                        10.00 – 12.00
Lunch (Mittag):           12.00 – 13.00
3. Run:                        13.00 – 15.00
Smoko (Pause):         15.00 – 15.30
4. Run:                        15.30 – 17.30
Zu jeder Pause gibt es eine kleine Stärkung und zum Mittag ist es nicht ungewöhnlich das man den ein oder anderen in einem der vielen Wollhaufen beim Mittagsschlaf sieht. Das ganze wird dementsprechend gut bezahlt. Ich habe nun noch zwei Wochen vor mir und im Anschluss geht es direkt nach Kununurra (Nord-West-Australien) auf eine riesige Rinderfarm.

Einen etwas besseren Eindruck vom ganzen Sheering: https://www.youtube.com/watch?v=6a0BVPYqn8k


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