21.12.2012 gegen 11.00 Uhr: William, Andrew und ich sind in
den Yards, um aus einem Mob von jungen Zuchtbullen ein paar gute herauszusortieren. Eigentlich ungewöhnlich für Bullen, sind diese recht aggressiv
und angriffslustig, ich bekomme eine gewisse Portion Respekt, vor knappen 800 Kilo purer Muskelmasse in Bewegung. Also immer schön vorsichtig sein,
lieber einen Schritt zurücktreten und beruhigend auf die Bullen einreden. Das
ist sowieso immer das wichtigste und auch erfolgreichste: Mit den Rindern
reden, meist in Englisch in manchen Situationen, zur Freude meiner Mitmenschen,
auch mal in Deutsch. Offenbar ergeben beide Sprachen in deutlicher Stimmlage
Sinn, denn fast immer wissen die Rinder was zu tun ist.
Zentrum der Yards zum Sortieren der Rinder |
Das eigentliche Sortieren erfolgt Rind für Rind, jeder
einzelne Bulle kommt in ein rundes Abteil (siehe Foto), welches hauptsächlich
aus verschiedenen Eisentoren besteht, diese führen dann zu den einzelnen
Abteilen. Meine Aufgabe ist es, dass jeweilige richtige Tor zu öffnen, nachdem
Andrew mir zuruft, wo welcher Bulle hinzugehen hat. Soweit die trockene
Theorie, erschwert wird das ganze dadurch, dass das ganze runde Ding nur einen
Radius von rund drei Metern hat und die Bullen wie schon erwähnt recht
aggressiv sind. Das heißt im Klartext ich bin immer darauf vorbereitet, auf
eines der Tore hochzuklettern, um dem herankommenden Bullen auszuweichen.
Jedoch sollte ich auch nicht die ganze Zeit auf den Toren befinden, da es so
natürlich schwer ist sie zu öffnen bzw. es den ganzen Prozess einfach unglaublich
aufhält.
Inzwischen sind wir in einem gutem Arbeitsfluss und ich
beginne zu verstehen die Muskelberge einzuschätzen und dem entsprechen zu
reagieren oder eben nicht. Doch dann kommt ein besonders großer zu mir herein,
eigentlich auf den ersten Blick nicht all zu aggressiv, denke ich mir gerade,
doch da nimmt er auch schon Schwung auf und rennt, mit dem gesenkten Kopf voran,
auf mich drauf zu, eine deutliche Aufforderung aus dem Weg zu gehen, ich
springe auf das Tor, habe meinen Kopf und Oberkörper inzwischen außer
Reichweite, da rammt er mein Bein mit seinem Schädel gegen das Eisentor. Ich
falle auf der anderen Seite des Tores herunter und da liege ich erstmal und
kann mein Bein nicht mehr anheben. Andrew und William eilen mir zu Hilfe und
nach dem ein oder anderem schlauen Kommentar und der Gewissheit, dass kein Blut
in alle Richtungen spritzt (so hat es sich im ersten Moment angefühlt) können wir alle schon wieder drüber lachen. So
wird hier nun einmal mit Schmerzen umgegangen, da wirklich keine Zeit ist, für
jeden kleinen Kratzer ein Pflaster zu holen. Da ich aber erstmal nicht mehr
laufen kann, sondern nur noch auf einem Bein umher springe, bekomme ich erstmal
ein paar Stunden Auszeit.
4 Stunden voller Eis und Schlaf später, saß ich wieder auf dem
Quad um die Rinder zurück zu schaffen. Das Motorrad wäre mir zwar lieber
gewesen, ging aber natürlich nicht, weil ich mit dem linken Bein keine Gänge
wechseln konnte. Inzwischen, am Abend des übernächsten Tages, ist es nur noch
ein wenig dick und das laufen geht auch fast problemlos, auch saß ich die Tage
schon wieder auf dem Motorrad und habe gestern Morgen für mich selbst
beschlossen, das definitiv nix gebrochen ist. Ein Arzt, zu holen, würde
bedeuten, dass der flying doctor
(fliegender Arzt) hunderte Kilometer mit dem Flugzeug herkommen muss und
so schlimm ist es ja nun auch nicht gewesen.
In diesem Sinne kann
ich Weihnachten nun doch genießen und beginne seit ein paar Tagen auch schon so
etwas wie Vorfreude zu entwickeln, auch wenn ich noch nicht so richtig
herausgefunden habe auf was ich mich freuen kann. Das einzige was ich weiß das
es ganz anders als zu Hause wird, aber davon werde ich bestimmt ein andermal
noch schreiben.
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